Page 1 of 1

Dicke Luft bei Schwarz-Gelb nach CDU-Debakel in NRW

Unread postMessage posted...: Tue 15. May 2012, 17:52
by Thomas
Nach dem CDU-Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen ist in der schwarz-gelben Koalition ein offener Streit über die Folgen für die Regierungspolitik im Bund entbrannt.


Nach dem CDU-Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen ist in der schwarz-gelben Koalition ein offener Streit über die Folgen für die Regierungspolitik im Bund entbrannt. CSU-Chef Horst Seehofer verlangte in ungewöhnlich scharfer Form Konsequenzen: «Ich bin nicht mehr bereit, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Wir müssen besser werden, auch in Berlin», sagte der bayerische Ministerpräsident am Montagabend im ZDF.

Erneut forderte er ein Treffen der Parteichefs von CDU, CSU und FDP, um dringliche Probleme wie die Energiewende, die Vorratsdatenspeicherung und das Betreuungsgeld zu lösen. Von den Koalitionspartnern kamen zunächst reservierte Reaktionen.

«Wir sollten etwas nicht schönreden, was nicht schön ist», sagte Seehofer mit Blick auf den Absturz der NRW-CDU auf 26,3 Prozent bei der Wahl am Sonntag. Dies sei ein Desaster gewesen. «Meine Antwort ist schlicht darauf, dass wir jetzt nicht so tun, als wäre gestern nichts passiert, sondern wir müssen daraus Konsequenzen ziehen», sagte der CSU-Chef im ZDF-«heute-journal». Zugleich griff er den CDU-Spitzenkandidaten in NRW, Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), heftig an.

In der CDU wurde versucht, die Wogen zu glätten. «Ich halte nichts von Drohungen, das bringt nichts in der Politik», sagte Unions- Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) am Dienstag im Deutschlandfunk. «Man sollte das alles bitte ein bisschen runterhängen, das bringt nichts. Mit öffentlichen Drohungen werden wir mit Sicherheit keine bessere Stimmung für unsere Politik bekommen.» Fuchs schlug vor, «sich vernünftig zusammenzusetzen und gemeinsame Linien zu finden, das ist der richtige Weg. Aber wenn man sich gegenseitig schon vor Kameras droht, glaube ich nicht, dass das das Klügste ist.»

Beim FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler traf die Koalitionskritik Seehofers auf wenig Verständnis. «Wir haben ja gerade einen Koalitionsausschuss gehabt. Wir haben da sehr gute Ergebnisse gehabt», sagte der Vizekanzler am Dienstag im Deutschlandfunk. Es werde nichts verschleppt. «Wir sind jetzt gerade dabei, die auch in Gesetzesform dann konsequent umzusetzen.»

Die Spitzen der schwarz-gelben Koalition hatten sich zuletzt im November getroffen. Die CSU pocht seit Wochen vor allem auf Tempo beim Betreuungsgeld für Kleinkinder, die zu Hause erzogen werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach der NRW-Wahl gesagt, im Bund gelte es nun, die Aufgaben anzugehen, «die vor uns liegen». Dazu gehörten Energiewende, Betreuungsgeld und Europapolitik.

In der FDP wächst indes der Unmut über die Ankündigung Seehofers, mögliche Treffen des Koalitionsausschusses zu boykottieren, bis es ein Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld vorliegt. FDP-Vorstandsmitglied Lasse Becker sagte der «Bild»-Zeitung (Dienstag): «Horst Seehofer verhält sich wie im Kindergarten. Er spielt mit dem Erfolg der Koalition und sollte daher schnell aus der Schmollecke kommen.» Der FDP-Fraktionschef von Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, legte Röttgen den Rücktritt als Bundesumweltminister nahe. «Ich würde mir überlegen, ob ich meine Funktion noch ordentlich ausüben könnte», sagte er der «Leipziger Volkszeitung».