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Demonstrationen vor Verfassungsreferendum in Ägypten

Unread postMessage posted...: Sat 15. Dec 2012, 15:39
by Thomas
Wenige Stunden vor Beginn des Verfassungsreferendums in Ägypten hat die Opposition die Wähler noch einmal eindringlich dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen.

Wer das Referendum boykottiere, spiele den Muslimbrüdern in die Hände, erklärte Naguib Sawiris, einer der erfolgreichsten Unternehmer des Landes, am Freitag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Die revolutionäre Jugendbewegung 6.

April kündigte an, sie werde ihren Protest auf dem Tahrir-Platz in Kairo beenden, um die Abstimmung nicht zu behindern. Sie rief die Bürger ebenfalls auf, gegen die Verfassung zu stimmen. Auch der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, appellierte in diesem Sinn an die Wähler.

Der Vorsitzende der Partei der Muslimbruderschaft, Saad al-Katatni, erklärte dagegen nach Angaben lokaler Medien, wer für die Verfassung stimme, sei «für die Herrschaft des Volkes. Am Freitag hatten Islamisten und ihre Gegner noch einmal ihre Anhänger mobilisiert. Vor einer Moschee in Kairo versammelten sich nach dem Freitagsgebet mehrere tausend Islamisten und warben für den Verfassungsentwurf. Die Kundgebungen der Opposition waren weniger gut besucht. Um Gewalt zu vermeiden, hatten die Organisatoren die Marschrouten so gewählt, dass sich beide Lagern auf der Straße nicht ins Gehege kamen.

Die Volksabstimmung soll um 8.00 Uhr Ortszeit in den Großstädten Kairo und Alexandria sowie in acht weiteren Provinzen beginnen. In den restlichen 17 Provinzen werden die Wähler eine Woche später zu den Urnen gerufen. Dies hatte der islamistische Präsident Mohammed Mursi verfügt, weil sich nicht genügend Richter bereiterklärt hatten, die Abstimmung zu überwachen.

Der Verfassungsprozess hat die ägyptische Gesellschaft gespalten. In der Hafenstadt Alexandria kam es am Freitag zu Zusammenstößen zwischen islamistischen Demonstranten und Anhängern der Opposition. Dabei wurden nach einem Bericht des Nachrichtensenders Al-Arabija 13 Menschen verletzt.

Die liberalen Parteien bemängeln, dass die Gleichberechtigung der Frau in der von den Islamisten erarbeiteten Verfassung nicht explizit erwähnt ist. Außerdem sind sie gegen eine Ausweitung der Macht der Religionsgelehrten auf Kosten der Justiz. Die linken Parteien kritisieren, dass die Verfassung die Gründung unabhängiger Gewerkschaften verbietet und dass sich die Löhne der Arbeiter an der Produktivität und nicht an den Unternehmensgewinnen orientieren sollen.

Dem Islamisten Mohammed al-Sawahiri dagegen geht der Entwurf für die neue Verfassung noch nicht weit genug. Der Bruder des Al-Kaida-Anführers Eiman al-Sawahiri riet seinen Landsleuten deshalb, nicht an dem Referendum teilzunehmen. Er sagte der ägyptischen Tageszeitung «Al-Watan» (Freitag): «Der einzige Souverän ist Gott und niemand sonst.»