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Bundesregierung will Zugriff auf verwaiste Werke erleichtern

Unread postMessage posted...: Wed 10. Apr 2013, 22:45
by Thomas
Wenn sich der Urheber eines geistigen Werks wie eines Buches nicht mehr ermitteln lässt, darf es bald durch öffentliche Einrichtungen kostenlos zugänglich gemacht werden. Das sieht ein nun beschlossener Gesetzesentwurf vor, der auch Zweitveröffentlichungen von wissenschaftlichen Arbeiten erlaubt.

Mit einem nun vom Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf (PDF) will die Bundesregierung den Zugriff auf verwaiste oder vergriffene Werke für öffentliche Einrichtungen wie Archive und Bibliotheken erleichtern. Wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger klarstellt, sei das keine Eigenleistung der Regierung - vielmehr werde damit eine EU-Richtlinie umgesetzt.

Wenn der Urheber eines Werkes nicht mehr eindeutig festzustellen ist, war die Nutzung der Arbeit, beispielsweise für die Wissenschaft, bisher kaum möglich. Archiven und Bibliotheken soll nun Rechtssicherheit gegeben werden, wenn sie ein verwaistes Werk anbieten - auch im Internet. Damit wird ein solches Werk aber nicht sofort gemeinfrei, wie es bei allen Werken nach deutschem Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers der Fall ist.

Vielmehr kann ein Urheber oder dessen Erbe auch nachträglich Ansprüche geltend machen. Nicht nur deswegen muss das Ergebnis der Suche nach dem Urheber durch die öffentliche Institution, die das Werk letztlich veröffentlichen will, beim deutschen Patent- und Markenamt hinterlegt werden. Eine Veröffentlichung ist, wenn das Werk als verwaist anerkannt ist, auch über das Internet möglich - aber nur durch öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken und Archive. Gleiches gilt für Werke, die nicht mehr erhältlich, also vergriffen sind.

Eine zweite Änderung des Urheberrechts durch den Gesetzesentwurf betrifft die freie Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten. Der Autor kann diese ein Jahr nach dem ersten Erscheinen in einer Fachpublikation selbst frei zur Verfügung stellen. Diese Frist für die Erstverwertung gelte, "um die Verlagsinteressen zu berücksichtigen", wie Leutheusser-Schnarrenberger kommentiert. Die Regelung gilt zudem nur für Arbeiten, die mindestens zur Hälfte mit staatlichen Fördermitteln erstellt wurden.