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Kein Sport für Schwule? - Homophobie im Fußball

Unread postMessage posted...: Thu 9. Jun 2011, 21:04
by Thomas
Fußball steht für Teamgeist, Miteinander und Respekt. Der Deutschen liebster Sport grenzt aber zumindest einige auch aus. Einer Studie zufolge haben Frauen und Schwule manchmal einen schweren Stand.

«Spiel nicht so einen schwulen Pass!» oder: «Ich dusche nicht mit einem Schwulen.» Mit solchen Anfeindungen haben Homosexuelle im Fußball einer Studie zufolge häufig zu kämpfen.

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«Es scheint nichts größer zu sein, als die Angst, mit einem Schwulen unter der Dusche zu stehen», sagt die Soziologin Nina Degele von der Universität Freiburg. Die 47-Jährige ist die Autorin einer Studie zu Diskriminierung im Fußball. Das Ergebnis: «Schwule werden ausgegrenzt, weil sie nicht die richtige Sexualität haben.» Aber auch Frauen haben einen schweren Stand im Lieblingssport der Deutschen.

«Weil es im Fußball immer noch so ist, dass die traditionellen Rollenbilder dominieren», erklärt Urban Überschär vom Forum Politik und Gesellschaft der Friedrich Ebert Stiftung, die die Studie in Auftrag gegeben hatte. Befragt wurden 142 Teilnehmer - darunter Fußballer, Fans, Schwule, Lesben und Heterosexuelle. Dabei kam es zu Aussagen wie: «Mit einem Analritter dusch' ich nicht» oder «Wenn der sich outen würde - die Medien würden ihn zerreißen.»

Neben Gesprächen mit den Befragten werteten die Wissenschaftler Medienberichte zu Frauen- und Männerfußball aus. Zudem untersuchten sie verschiedene Indikatoren wie etwa Bundesliga-Gehälter, Spiel- und Ausbildungsordnungen und die Mitgliederzahlen schwul-lesbischer Fanclubs.

In der 1. und 2. Bundesliga bekennt sich bisher kein Spieler offen dazu, homosexuell zu sein. Statistisch gesehen müsste jeder Zehnte schwul oder lesbisch sein. «Fußball ist der Klischee-Männersport schlechthin», sagt Tanja Walther-Ahrens. Sie ist ehemalige Spielerin bei Turbine Potsdam - und lesbisch. «Der Druck ist so groß, dass Homosexuelle, je höher sie in den Strukturen kommen, sagen: Ich höre auf», so die Sportwissenschaftlerin.

«Ich bin aber eher ausgegrenzt worden, weil ich eine Frau war», sagt Walther-Ahrens, die mit DFB-Chef Theo Zwanziger per Du ist. «Dieses Lesbisch-Sein wird ja vorausgesetzt und bestätigt das Klischee.» Sie ist sich sicher: «Es würden mehr Mädchen und Frauen spielen, wenn das Lesben-Klischee nicht da wäre.»

Die Diskriminierung der Frauen zeige sich auch bei den Siegesprämien des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für WM-Gewinne. So bekamen Männer 2010 eine WM-Prämie von 250 000 Euro. Bei den Frauen sind es in diesem Jahr 60 000 Euro. Frauen und schwule Fußballer hätten eines gemeinsam: Beiden traue man nicht zu, dass sie mit dem runden Leder umgehen können.

«Es könnte sich als sinnvoll erweisen, Mädchen und Jungen länger als bis zur D-Jugend zusammen spielen zu lassen und als gemischte Teams antreten zu lassen», rät die Soziologin. Degele und ihre Co-Autorin Caroline Janz sprachen sich zudem für eine klare Positionierung des DFB aus.

«Auch ein Oliver Bierhoff sollte gemaßregelt werden bei schwulenfeindlichen Äußerungen», sagt Janz. Der DFB-Manager hatte nach einem «Tatort» mit einer ungeschickten Aussage für Wirbel gesorgt. Degele schlägt vor, dass sich nach dem letzten Spieltag der nächsten Bundesliga-Saison elf Profi-Fußballer symbolisch outen und so «eine Kehrtwende im Profi-Fußball inszenieren».

Ist der Fußball wirklich besonders intolerant? Nicht unbedingt, sagt die Expertin. «Es ist ja nicht so, dass Homosexualität in der Gesellschaft kein Problem wäre», sagt sie. «Im Sport kommt es nur deutlicher heraus.» (Quelle: Berlin (dpa/lby))