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Drei Tote bei Protesten in Ägypten

Unread postMessage posted...: Wed 9. Feb 2011, 21:58
by Thomas
Der ägyptische Staatspräsident Husni Mubarak will nicht nach Deutschland. Das stellte sein Vize Omar Suleiman in Kairo klar - er sprach dabei von einem Angebot von Bundeskanzlerin Angela Merkel, was Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch umgehend zurückwies.

Auch am Tag 16 der Proteste forderten wieder Tausende Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo den Rücktritt Mubaraks.

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Hunderte Demonstranten zogen vor das Parlamentsgebäude, in Charga im Süden des Landes kamen drei Menschen bei Zusammenstößen von Demonstranten mit Regierungskräften ums Leben. International wird der Ruf nach einem echten demokratischen Wandel am Nil lauter.

Auf die Frage eines Journalisten, was er zur Einladung Merkels zu einem Krankenhausaufenthalt Mubaraks in Deutschland meine, sagte Suleiman: «Wir danken Frau Merkel für dieses Angebot. Wir haben diese Einladung nicht angenommen, die wir als eine massive Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten betrachten.»

Regierungssprecher Seibert dementierte strikt angebliche Pläne für einen Klinikaufenthalt Mubaraks in Deutschland. «Nicht nur hat es keinerlei offizielle oder inoffizielle Anfragen bei der Bundesregierung gegeben in dieser Sache. Es hat auch keinerlei offizielle oder nicht offizielle Angebote gegeben», sagte Seibert in Berlin. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts ergänzte, es habe auch keine Gespräche mit deutschen Kliniken zur Aufnahme von Mubarak gegeben.

Mit einem Krankenhausaufenthalt im Ausland wäre dem geschwächten Präsidenten ein vorzeitiger Abgang in Würde ermöglicht worden. Mubarak beharrt aber nach wie vor darauf, erst nach der nächsten regulären Präsidentschaftswahl im September aus dem Amt zu scheiden.

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok hatte am Dienstag verlangt, die Bundesregierung solle dem 82-jährigen Staatschef «diskret signalisieren», dass er nach Deutschland kommen könne, wenn er dies wünsche. Mubarak war im März des Vorjahres in der Universitätsklinik Heidelberg an der Gallenblase operiert worden. «Wir bedanken uns für das Angebot aus Deutschland, aber der Präsident braucht keine medizinische Behandlung», erklärte Suleiman in dem Interview weiter, das mehrere ägyptische Zeitungen am Mittwoch veröffentlichten.

Als Zugeständnis an die Opposition sollen nun in Ägypten mehrere Verfassungsartikel geändert werden. Ein von Mubarak eingesetztes Expertenkomitee will an sechs Artikeln des ägyptischen Grundgesetzes Änderungen vornehmen. Darunter seien auch zwei umstrittene Artikel, die eine unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten ermöglichen und die Kandidatur von Oppositionskandidaten erschweren. Weite Teile der Opposition, darunter die meisten Demonstranten der Protestbewegung, fordern allerdings eine völlig neue Verfassung.

Die Protestbewegung verlangt außer dem Rücktritt Mubaraks auch die Auflösung des Parlaments. Dieses war Ende vergangenen Jahres gewählt worden - bei niedriger Beteiligung und begleitet von Einschüchterung und Fälschungen. Mubaraks Regierungspartei NDP sicherte sich mehr als vier Fünftel der Sitze. Am Dienstag hatte sich erstmals nach seiner Verhaftung vor zwölf Tagen auch der von den Demonstranten gefeierte Internet-Aktivist Wael Ghonim wieder auf dem Tahrir-Platz gezeigt.

Die islamistische Muslimbruderschaft legte die Gespräche mit der ägyptischen Führung zunächst auf Eis. Zugleich erneuerte die Oppositionsgruppe ihre Forderung nach einem Rücktritt Mubaraks. «Wir können nur mit jemandem sprechen, der die Forderung des Volkes nach einem Ende des Regimes anerkennt», sagte Essam al-Erian, ein Führer der Bewegung.

Bei Auseinandersetzungen zwischen Mubarak-Gegnern und Sicherheitskräften wurden in der Oasenstadt Charga drei Menschen getötet. Mehr als 100 Personen seien in dem Gebiet etwa 500 Kilometer südlich von Kairo verletzt worden, berichtete der TV-Sender Al-Arabija. Die Polizei habe mit Tränengas und scharfer Munition auf Protestierer geschossen.

Die Vereinten Nationen und die USA drücken aufs Tempo. Der Wandel müsse kommen, «je früher, desto besser», sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Dienstag. US-Vizepräsident Joe Biden forderte von seinem ägyptischen Kollegen Suleiman «sofortige Taten». US-Verteidigungsminister Robert Gates lobte das ägyptische Militär für die «beispielhafte» Reaktion auf die politischen Unruhen in dem Land.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte: «Wir wollen erstens die Aufhebung des Ausnahmezustands, zweitens das Ende der offenen und verdeckten Einschüchterung von Demonstranten und Medien, drittens die Freilassung aller politischen Gefangenen und viertens die unverzügliche Umsetzung der Verfassungsreform.»

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen äußerte die Hoffnung, dass Ägypten auch künftig eine Kraft für Frieden und Stabilität im Nahen Osten bleibt. Seit 30 Jahren habe das Land eine Schlüsselrolle als Moderator in der Region gespielt, sagte Rasmussen auf einer Sicherheitskonferenz in Herzlija bei Tel Aviv.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wurde von einem geplanten Kairo-Besuch ausgeladen. Die ägyptische Regierung habe sich Besuche ausländischer Delegationen vorerst verbeten, berichteten EU-Diplomaten in Brüssel. (Quelle: Kairo/Washington/Berlin (dpa/lby))